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"Unsere erste Auslandrecherche" - unterstützt vom JJS Recherchefonds

Natalina Haller

Das Erste, was dir ins Auge fällt, wenn du mit dem Schiff die lettische Küste erreichst, sind die goldenen Kuppeldächer der Nikolaikirche. Diese orthodoxe Kirche im Norden der Hafenstadt Liepaja stammt noch aus der Zarenzeit, wurde während der Sowjetunion als Kino für Marinesoldaten genutzt und wird heute von der lettisch-orthodoxen Kirche wieder als Liturgieraum verwendet. Sie erhebt sich zwischen tristen sowjetischen Wohnblöcken und könnte nicht besser für das Thema stehen, weswegen wir, die Fotojournalistin Sophie Tichonenko und ich, Janine Schneider, diesen Sommer nach Lettland gereist sind. Das mittlere der drei baltischen Länder verfügt nämlich über eine bedeutende russischsprachige Minderheit – mehr als ein Drittel der Bevölkerung spricht Russisch. Wie hatte sich ihre Situation seit Beginn des Russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verändert? Das war die Frage, die wir uns am Anfang unserer Recherche stellten. Eine erste Hintergrundrecherche zeigte, dass wir Recht mit der Vermutung hatten, dass die russischsprachige Minderheit zu einem Politikum im lettischen Parlament geworden war. Uns interessierte allerdings, wie die Stimmung im Land war, wie die russischsprachigen Menschen die Situation selbst wahrnahmen und welche Folgen die beschlossenen Gesetze für den einzelnen Menschen hatten. Dazu wollten wir Anfang Juli nach Lettland reisen.

Beim Recherchefonds von Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz reichten wir Anfang März ein Gesuch für einen Spesenvorschuss ein. Dazu formulierten wir unsere Rechercheidee aus – etwas, was sich auch für spätere Pitches als sehr hilfreich erweisen sollte. Der genehmigte Vorschuss war für uns sehr wichtig – da es unsere erste Auslandsrecherche als Journalistinnen war und wir beide erst seit Kurzem in diesem Bereich arbeiteten, blieb lange unklar, ob wir überhaupt einen Abnehmer für unsere Geschichte finden würden. Wir schickten den Pitch an mehrere Medienhäuser und erhielten anfangs nur Absagen. Dank des Recherchefonds-Geldes konnten wir unsere Reise aber dennoch planen. Schlussendlich erklärte die österreichische Zeitschrift Tagebuch Interesse daran, die Geschichte zu bringen.

Viel Recherchearbeit leisteten wir schon vor der Reise – im Mai und Juni lasen wir uns durch alle verfügbaren Artikel zum Thema, liessen uns beim lettischen Lieder-und Tanzfest akkreditieren, das wir besuchen wollten und kontaktierten mögliche Gesprächspartner*innen. Dass Janine schon drei Wochen vor der Recherche für einen Russischkurs nach Riga reiste, stellte sich als hilfreich heraus. So konnte sie schon erste Personen zum Gespräch treffen und ein Gefühl für die aktuelle Stimmung im Land erhalten. Einige Kontakte ergaben sich schlussendlich auch aus dieser Vorrecherche vor Ort.

Als wir nach neun Tagen Recherche Lettland verliessen, hatten wir viel zu viel Material für nur eine Geschichte. Deshalb machten wir aus dem Material kurzerhand zwei. Die zweite Reportage, die sich mit einem neuen Immigrationsgesetz befasste, schickten wir an verschiedene Medien und erhielten gleich von mehreren eine positive Rückmeldung. Schlussendlich konnten wir den Beitrag bei FREITAG und bei der WOZ veröffentlichen, bei letzterer als Zweitveröffentlichung. Das zeigte uns: Es lohnt sich, eigene Ideen zu verfolgen und hartnäckig zu bleiben.

Leider zahlte keines der Medien einen Beitrag an die Recherchespesen, weshalb diese bis am Schluss durch den Recherchefonds von Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz gedeckt wurden – was natürlich jeweils unter dem Artikel vermerkt wurde. Alles in allem sind nicht nur zwei Artikel aus dieser Recherche entstanden, sondern in erster Linie konnten wir vor allem viele wertvolle Erfahrungen für unsere fotografische und journalistische Arbeit mitnehmen.

Die Kathedrale des heiligen Boris in Daugavpils. In dieser Stadt im Südosten Lettlands wird praktisch nur Russisch gesprochen.

Text und Bild: Janine Schneider und Sophie Tichonenko